Das Schwappen des Kraftstofftanks ist die Bewegung der freien Kraftstoffoberfläche in einem teilweise gefüllten Tank, die durch schnelles Beschleunigen, Bremsen, Kurvenfahrten und Bordsteinkanten verursacht wird. Auf einer Rennstrecke sind diese transienten Belastungen groß und abrupt, so dass der sich bewegende Kraftstoff Wellen erzeugen, gegen die Innenwände stoßen und den Ansaugstutzen kurzzeitig freilegen kann. Dieses “Schwappen” verlagert die Masse, erzeugt Druckbelastungen an den Tankwänden und birgt die Gefahr, dass der Aufnehmer freigelegt wird. Im Rennsport kann selbst ein kurzzeitiger Verlust der Kraftstoffzufuhr zu Verzögerungen, Leistungseinbußen oder mechanischen Schäden führen. Um dies zu verhindern, sind die Tanks mit Schwallblechen, Schwalltöpfen oder Anti-Schwapp-Schaum ausgestattet, die die Wellenbewegung dämpfen und eine zuverlässige Aufnahme gewährleisten. Die Simulation hilft den Ingenieuren bei der Vorhersage des Kraftstoffverhaltens unter Rennstreckenbedingungen, bei der Bewertung von Entstörungsmaßnahmen und bei der Optimierung von Konstruktionen im Hinblick auf Leistung und Haltbarkeit. Der hier verwendete Simulationsansatz baut auf unserem früheren validierten [Tank Sloshing-Fall] (https://shondynamics.de/case-studies/shondy_sloshing/ ) auf und demonstriert die Zuverlässigkeit von shonDy für die Vorhersage der Dynamik an der freien Oberfläche.
Fallbeschreibung
Die Fahrbedingungen für diese Studie basierten auf Beschleunigungsdaten, die während einer privaten Fahrt auf dem Lausitzring aufgezeichnet wurden und uns freundlicherweise für Simulationszwecke zur Verfügung gestellt wurden. Der Datensatz wurde mit der Porsche Track Precision App erfasst und repräsentiert eine komplette Runde.
Für die Analyse wurde ein generisches Kraftstofftankmodell aus einer Open-Source-Bibliothek anstelle des ursprünglichen Fahrzeugtanks verwendet. Dieser Ansatz ermöglichte es uns, uns auf das Schwappverhalten selbst zu konzentrieren, ohne uns auf proprietäre Geometrien verlassen zu müssen. In einem weiteren Schritt wurde derselbe Tank mit zwei verschiedenen Umlenkungskonfigurationen modifiziert:
- Statische Trennwände - Trennwände wurden sowohl in Längs- als auch in Querrichtung angebracht, um einen direkten Vergleich der Kraftstoffbewegung mit und ohne herkömmliche Unterdrückungseinrichtungen zu ermöglichen.
- Bewegliche Trennwände Setup - Eine Konstruktion, bei der bewegliche Klappen als dynamische Barrieren wirken und die Strömung weiter beeinflussen. Die detaillierte Geometrie und das Funktionsprinzip dieses Aufbaus werden im folgenden Unterabschnitt beschrieben.
Die Geometrie des Behälters ohne Trennwände und des Behälters mit statischer Trennwände ist in den nachstehenden Abbildungen dargestellt.
Einstellung der beweglichen Trennwände
Zusätzlich zu den statischen Trennwänden wurde eine zweite Konfiguration mit beweglichen Trennwänden untersucht. Zwei Trennwände wurden in seitlicher Richtung angebracht, aber anders als bei der statischen Konstruktion waren ihre unteren Teile mit Gelenken verbunden, die eine kontrollierte Drehung ermöglichten. Die oberen Teile blieben fixiert und fungierten als herkömmliche statische Leitbleche.
Die Klappen waren in ihrer Bewegung nicht völlig frei, sondern je nach Fahrtrichtung gezwungen:
Uhrzeigersinn (wie auf den Bildern zu sehen): Eine Drehung war nicht erlaubt. Nach einem kurzen Rückschwung wirkten die Klappen wie statische Trennwände, die bei Rechtskurven Widerstand leisteten.
Gegen den Uhrzeigersinn:
- Die Klappe 1 durfte sich zwischen 0° und 90° drehen,
- Die Klappe 2 durfte sich zwischen 0° und 45° drehen.
Dieses asymmetrische Verhalten ermöglichte es den Klappen, sich je nach Strömungsrichtung selektiv zu öffnen und in einigen Fällen einen geringeren Widerstand zu bieten, während sie in anderen Fällen weiterhin als Barriere fungierten. Die Geometrie und die Konfiguration sind in den folgenden Abbildungen dargestellt.
Ergebnisse
Das erste Video zeigt einen Überblick über die Simulation des Tanks ohne Trennwände. Das Filmmaterial beginnt, als der Fahrer sich Turn 1 (T1) nähert. Das Video ist in zwei Abschnitte unterteilt: der erste deckt T1 bis T5 ab, der zweite erstreckt sich über T12 bis zur Ziellinie.
In der oberen Hälfte des Videos ist der simulierte Tank und damit die Bewegung des Kraftstoffs zu sehen. Selbst unter relativ moderaten Fahrbedingungen - wenn der Fahrer das Auto nicht bis an seine Grenzen belastet - zeigt der Kraftstoff starke seitliche Bewegungen als Reaktion auf die wirkenden Kräfte.
Dies zeigt, dass das Schwappen bereits unter typischen Rennstreckenbedingungen spürbar ist. In Hochleistungsszenarien, in denen es auf jede Zehntelsekunde ankommt, können selbst diese kleinen Massenverschiebungen die Fahrzeugbalance und das Fahrverhalten negativ beeinflussen.
Leistung der Trennwände
Das zweite und dritte Video konzentriert sich auf die Kurven 1 bis 5 und vergleicht die Kraftstoffbewegung in drei Konfigurationen: ohne Trennwände, mit statischen Trennwänden und mit Klappenleitblechen.
Statische Trennwände
In der statischen Anordnung ist ein deutlicher Unterschied im Flüssigkeitsverhalten zu erkennen:
- Mit Trennwänden: Der Kraftstoff wird gleichmäßiger verteilt und seine Bewegung wird gedämpft. Der Massenschwerpunkt (CoM) erreicht schließlich die gleiche Position wie im Fall ohne Trennwände, aber der Übergang ist aufgrund der Einschränkungen durch das Umlenkblech langsamer.
- Ohne Trennwände: Der Kraftstoff bleibt kompakt und bewegt sich schnell von einer Seite zur anderen.
Dies wird durch die seitliche Schwerpunkt-Visualisierung im Video direkt bestätigt:
- Grünes Kreuz: Schwerpunkt ohne Trennwände.
- Gelbes Kreuz: Schwerpunkt mit statischen Trennwänden.
Zu Beginn der Kurve bewegt sich das grüne Kreuz deutlich schneller als das gelbe, was verdeutlicht, wie statische Leitbleche schnelle Massenverlagerungen reduzieren und die Stabilität verbessern.
Bewegliche Trennwände
Die Anordnung mit beweglichen Trennwänden zeigt ein anderes Verhalten als der statische Fall und der Fall ohne Trennwände:
Mit beweglichen Trennwänden: Die Flüssigkeit wird länger im rechten Abschnitt zurückgehalten und verlagert sich allmählich in die Mitte und zur linken Seite.
Vergleich:
- In Rechtskurven wird die Bewegung des Fluids viel stärker gedämpft als in den beiden anderen Konfigurationen.
- In Linkskurven ermöglichen die Klappen eine größere Bewegungsfreiheit, so dass sich die Flüssigkeit fast genauso schnell - oder in einigen Fällen etwas schneller - bewegt wie bei der statischen Einstellung, aber immer noch langsamer als ohne Trennwände.
Die Visualisierung des Schwerpunktes bestätigt diese Beobachtungen:
- Grünes Kreuz: Schwerpunkt ohne Trennwände.
- Gelbes Kreuz: Schwerpunkt mit statischen Trennwänden.
- Rosa Kreuz: Schwerpunkt mit beweglichen Trennwänden.
Dies verdeutlicht, wie das Klappendesign einen Zwischeneffekt erzeugt - es sorgt für eine starke Dämpfung in einer Richtung, während es in der anderen Richtung eine freiere Strömung ermöglicht.
Masseschwerpunkt Geschwindigkeit
Das nachstehende Diagramm veranschaulicht die Geschwindigkeit des Massenschwerpunkts im Laufe der Zeit.
- Keine Trennwände: Der Schwerpunkt bewegt sich deutlich schneller, manchmal erreicht er die doppelte oder sogar dreifache Geschwindigkeit im Vergleich zu den Gehäusen mit Trennwänden. Scharfe Geschwindigkeitsspitzen verdeutlichen die schnelle Beschleunigung und Abbremsung der Flüssigkeit.
- Mit Trennwänden: Sowohl statische als auch Klappen-Leitbleche erzeugen breitere, glattere Geschwindigkeitsprofile, was die dämpfende Wirkung der Strukturen zeigt.
- Bewegliche Trennwände: Bei Rechtskurven (negative Werte) wird die Geschwindigkeit stark gedämpft, mit nur geringer Flüssigkeitsbewegung. In Linkskurven ist die Geschwindigkeit vergleichbar mit dem Fall der statischen Trennwände.
Im späteren Verlauf der Runde werden die Unterschiede zwischen den einzelnen Szenarien deutlicher, was darauf zurückzuführen ist, dass alle drei Simulationen von der gleichen anfänglichen Flüssigkeitsverteilung ausgehen.
Ansaug-Abdeckung
Das zweite Diagramm bewertet die Kraftstoffabdeckung an der Ansaugstelle. Eine zuverlässige Versorgung ist entscheidend für eine stabile Kraftstoffversorgung. Um dies zu beurteilen, wurde ein kleines Probenfenster direkt vor dem Aufnehmer platziert, so dass kontinuierlich überwacht werden konnte, ob sich an dieser Stelle Flüssigkeit befand (siehe Abbildung unten).
Die Ergebnisse zeigen:
- Statische Trennwände: Nur eine geringfügige Verbesserung im Vergleich zum Gehäuse ohne Trennwände. In der Praxis bleibt die Abdeckung des Ansaugbereiches nahezu gleich.
- Bewegliche Trennwände: Eine wesentliche Verbesserung. Da sich der Ansauger im rechten Abschnitt befindet, schränkt die Klappenkonfiguration den Abfluss zu anderen Bereichen ein, während die Flüssigkeit weiterhin ungehindert zurückfließen kann. Dadurch bleibt der Ansauger fast durchgehend bedeckt, mit nur zwei kurzen Unterbrechungen während der Runde.
Zusammenfassung
In dieser Fallstudie wurde eine Vollrunden-Simulation eines teilweise gefüllten Kraftstofftanks auf dem Lausitzring “Grand Prix Layout” durchgeführt, um das Schwappen des Tanks unter realen Fahrbedingungen zu untersuchen. Beschleunigungsdaten, die während einer privaten Fahrt auf der Rennstrecke aufgezeichnet wurden, dienten zur Nachbildung von Brems-, Kurven- und Beschleunigungsmanövern.
Ein generisches Tankmodell aus einer Open-Source-Bibliothek wurde in drei Konfigurationen simuliert: ohne Trennwände, mit statischen Trennwänden in Längs- und Querrichtung und mit Umlenkblechen in Querrichtung. Die Simulationen veranschaulichten die Kraftstoffbewegung, die seitlichen Massenverlagerungen und das Verhalten des Massenschwerpunkts während einer Runde. Darüber hinaus wurde die Kraftstoffversorgung an der Ansaugstelle über ein kleines Stichprobenfenster überwacht, um die Flüssigkeitsverfügbarkeit im Laufe der Zeit zu quantifizieren.
Die Ergebnisse zeigen, dass statische Trennwände schnelle seitliche Verschiebungen reduzieren und die Flüssigkeitsbewegung dämpfen, während Klappenleitbleche eine Zwischenwirkung haben: Sie dämpfen die Bewegung in einer Richtung stark, während sie in der anderen Richtung einen freieren Fluss ermöglichen. Die Klappenblende verbesserte auch die Ansaugabdeckung, so dass der Ansaugtrakt nahezu kontinuierlich versorgt wurde, während die statischen Trennwände nur eine geringfügige Verbesserung gegenüber der Konfiguration ohne Trennwände bewirkten.
Insgesamt zeigen diese Simulationen, dass das instationäre CFD-Verfahren mit freier Oberfläche das dynamische Kraftstoffverhalten unter realistischen Bedingungen auf der Rennstrecke erfassen kann. Der Ansatz bietet eine solide Grundlage für die Bewertung und Optimierung von Tankgeometrien, Trennwänden und der Platzierung von Kraftstoffeinlässen, so dass die Ingenieure Änderungen virtuell testen und verfeinern können, bevor sie den Prototyp bauen.